Modernes Geld und die Kontroverse um den Digitalen Euro

Am 19. Mai 2022 veranstaltete weltgewandt e.V. zusammen mit der Wolfdietrich-Schnurre-Bibliothek Berlin einen Abend zur Vorstellung der Lernplattform zur Ökonomischen Allgemeinbildung in Europa. Die Plätze waren alle besetzt, als vier Kolleginnen ihre Kurse zur Modernen Geldtheorie, Strategien zur Bewältigung von Krisen, Einführung in die Feministische Ökonomie und Wirtschaft und Klima zur Diskussion stellten. In Zeiten aufkeimender Inflation reizte gerade der Kurs zur Modernen Geldtheorie (MMT) zu Fragen aus dem Publikum. Ist eine Politik angemessen, mit der ein Staat Geld ausgibt und Arbeitsplätze schafft, auch wenn die Staatseinnahmen nicht allzu hoch ausfallen? Kann das Geld ausgeben zu Inflation führen? Nein, kann es nicht, sagen Vertreter von MMT. Warum? Das kann man am besten in dem Kurs nachlesen.

Im Anschluss daran stand ebenfalls das Geld im Zentrum des Interesses. Das Augenmerk richtete sich nun auf die Frage nach dessen Digitalisierung und das heißt, nach Plänen der Europäischen Zentralbank einen Digitalen Euro einzuführen. Welche Konsequenzen wird dies für die Bürgerinnen und Bürger haben? Was dürfte daran Fluch, was Segen sein?

Dazu wurden Gäste eingeladen, die verschiedene Positionen zu dem Thema einnehmen: Dirk Schrade von der Deutschen Bundesbank (als Teil des Systems der Europäischen Zentralbanken), Dr. Norbert Häring, Journalist und Buchautor, und Dr. Dirk Ehnts, Vorstandssprecher der Pufendorf-Gesellschaft. Letzterer stellte die ökonomische Notwendigkeit eines Digitalen Euro – das heißt, von „elektronischem Bargeld“ – in Frage. Digitales Bezahlen sei längst gang und gäbe und funktioniere gut. „Wir haben die Lösung, wissen daher nicht, was das Problem ist“ – auf das der Digitale Euro die Antwort bieten solle.

Dirk Schrade verwies auf die Gründe der beabsichtigten Einführung: a) technische Entwicklungen – es würde besonders in einigen Ländern weniger Bargeld benutzt und b) Währungskonkurrenz. Damit sprach er das Projekt Libra, jetzt Diem von Facebook (inzwischen Meta) an. Dessen weltweite Durchsetzung hätte die Macht von Zentralbanken zugunsten von Großkonzernen beeinträchtigt. Dr. Norbert Häring wiederum warnte vor der Abschaffung des Bargeldes und damit einhergehend dem Verlust von Privatsphäre. Er verwies auf die Gefahr, dass ein Digitaler Euro mit der Einführung eines Sozialkreditsystems nach chinesischem Vorbild einhergehen könne. Entsprechende Pilotprojekte würden bereits in Bologna, Rom, Wien und Bayern realisiert werden.

Die Demokratie muss verteidigt werden“, meinte Dirk Schrader und betonte, dass vieles davon abhänge, wie ein Digitaler Euro ausgestaltet werde.

Darüber und über weitere Fragen kam das Publikum anschließend mit den Referenten und untereinander bei Sommerrollen, Brezeln und Getränken ins Gespräch.